Dr. Volker Bätz
04.06.2024
Technische oder künstliche Intelligenz?
Als Mitarbeiter der IBIS Prof. Thome AG ist die Beschäftigung mit Innovationen und Trends nicht einfach nur Tagesgeschäft, sondern vielmehr eine Leidenschaft. Das prägt uns seit 30 Jahren und, das kann man wohl auch so prognostizieren, wird es auch in Zukunft tun. Damit das funktionieren kann und die methodische Konsistenz unserer Entwicklungen und Grundhaltung fortsetzbar ist, brauchen wir den externen und internen Dialog. Gespräche und Diskussionen über Entwicklungen und Veränderungen stellen ein Kernelement unserer Kommunikations- und Entwicklungsprozesse dar.
Aus diesem Grund war es uns eine besondere Freude, uns am 04.04.2024 über eine topaktuelle Entwicklung mit unserem Gründervater und Namensgeber, Prof. Dr. Thome, austauschen zu können – die Frage nach der Natur der Künstlichen Intelligenz und ihrem Einfluss auf das aktuelle und zukünftige Geschehen. Im Vorfeld haben wir das Thema auf eine Kernfrage reduziert, die auf den ersten Blick alles andere als komplex klingt: „Muss es technische oder künstliche Intelligenz heißen?“ Letzten Endes jedoch ist die Antwort entscheidend für unser Verständnis und den Umgang mit diesem Innovationsthema, so viel sei an dieser Stelle verraten.
Dabei ist das Mainstream-Verständnis von Künstlicher Intelligenz vor allem geprägt durch Science-Fiction-Autoren wie den Schriftsteller Isaac Asimov und vielleicht ist das auch eine der Ursachen für die Unsicherheit, welche Möglichkeiten diese Technologie wirklich birgt. Dabei ist der Begriff selbst nicht im fiktionalen Umfeld entstanden, sondern geht zurück auf den US-amerikanischen Informatiker John McCarthy, der ihn im Rahmen eines Förderantrags für ein Forschungsprojekt verwendete. Viel ist geschehen seitdem, und die Künstliche Intelligenz hat sich von einem gedanklichen Konstrukt zu einer anwendbaren Technologie gewandelt. Damit ist die Innovation nicht nur greifbar, sondern erfährt über den aktuellen medialen Hype hinaus auch solide Akzeptanz in Lösungen und Anwendungen. Dennoch gehen die Vorstellungen und Einschätzungen weit auseinander und der Blick auf die KI-Forschung bedarf vor allem auch interdisziplinäre Perspektiven sowie eine ordentliche Portion von Entwirrung und Klarstellung. Grund genug für uns, Prof. Thome zu bitten, einen Mitarbeitervortrag im Hause der IBIS Prof. Thome AG in unserer Niederlassung im Steinbachtal zu halten. Im folgenden Text stellen wir Auszüge dieser Veranstaltung vor und fokussieren uns vor allem auf die Ergebnisse dieser Veranstaltung.

Technische oder Künstliche Intelligenz?
Genau diese Frage beantwortete Prof. Thome aus seiner Sicht gleich zu Beginn dieser Veranstaltung - die Bezeichnung „Künstliche Intelligenz“ ist unsinnig. Diese Einschätzung belegte er im Folgenden aus mehrfacher Perspektive. Zum einen handelt es sich bei Intelligenz um nichts weniger als die kognitive Fähigkeit zur Lösung von Problemen, oder weiter gefasst die Fähigkeit, Kausalitäten sowie wesentliche logische Korrelationen zu erkennen und daraus eigenständig Problemlösungen zu entwickeln. Damit liegt der Maßstab, an dem sich die vermeintlich künstliche Intelligenz messen lassen muss, in beträchtlicher Höhe. Sicherlich kann dies mit Mechanismen des Maschinellen Lernens und der Generativen AI durchaus bis zu einem gewissen Grad zugestanden werden, nüchtern betrachtet vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen steht die Schlüsseltechnologie hier eher in einer unterstützenden, denn einer führenden Rolle in punkto kreative Lösungsfindung.
Kritischer als der Intelligenzbegriff ist der adjektivische Namenszusatz genauer zu betrachten. Denn das Sprachverständnis von „Künstlich“ ist wenig positiv und steht doch vor allem für eine nicht rationale Vorgehensweise. Im Prinzip genau das, was die maschinelle Intelligenz nicht ist. Auch andere Begriffe, wie die Evolutorischen oder die Enumerierenden Intelligenzen, passen nicht wirklich in die Definition. Denn verglichen mit der evolutorischen Entwicklung über Jahrmillionen hinweg wächst diese Technologie rasend schnell und die Schlussfolgerungen einer „intelligenten Lösung“ sind dem auszählenden enumerierenden Ansatz weit überlegen durch ihre Fokussierung. Sinnvoller in seiner deskriptiven Ableitung erscheint daher der Begriff der Technischen Intelligenz, weil er Herkunft und Natur dieser Werkzeuge klar beschreibt.

Die Rolle von Perspektiven und Anwendungen
Die Begriffsdefinition kann jedoch nur der Einstieg sein ins Nutzungsverständnis der innovativen Technologie. Denn die ist vor allem auch abhängig von der jeweiligen Perspektive. Dies unterstrich Prof. Thome mit Verweis auf eine malerische Darstellung des Wasserfalls Seljalandsfoss, dessen Ästhetik primär auf eine touristisch-ökonomische Nutzung schließen lässt. Verschiebt sich diese Perspektive jedoch in den funktionalen Bereich, wären die Energiegewinnung denkbar oder auch der agrikulturelle Impakt des Wassers auf eine mögliche umliegende Landwirtschaft, zwei Sichtweisen, die nicht notwendigerweise kompatibel zueinander sind. Damit wäre die Einschätzung, welche der drei Nutzungsszenarien nun „intelligenter“ wäre, vor allem eine Frage des Betrachters und seiner Interessen. Und genau dies impliziert die direkte Verbindung zu einem nicht nur für IBISse entscheidenden Grundverständnis des kontinuierlichen Wandels in der Darstellung einer konvergierenden Doppelspirale. Denn die stetige Anpassung organisatorischer Abläufe an technische Potenziale verlangt die innovative und intelligente Kreation neuer prozessualer Lösungen in Verbindung mit adäquat strukturierten Algorithmen. Oder kurzgefasst, bestehende Abläufe müssen an neue Möglichkeiten angepasst werden, um das volle Potenzial der Leistungsfähigkeit zu erreichen. Dazu bedarf es kreativen Denkens, um Lösungen zu finden, die es vorher so nicht gab und die auch nicht antizipiert werden konnten. Dies mag als weiterer Beleg dafür dienen, den Begriff der Intelligenz kritisch zu hinterfragen für die Technische Intelligenz. Denn am Anfang und am Ende steht jeweils der Mensch mit seiner semantischen Informationsbewältigung und damit auch die Anwendung der Ergebnisse, die ein „intelligentes“ Werkzeug liefern kann.
Fazit
Zusammenfassend zeigt sich, dass Lösungen der Technischen Intelligenz fraglos eine neue evolutorische Stufe maschineller Werkzeuge darstellen. Der Phantasie und dem Weitblick eines humanen Experten ist dies jedoch nicht gleichzusetzen, gleichwohl die Kombination aus Expertenwissen und maschineller Unterstützung völlig neue Möglichkeiten eröffnet.
Aber was heißt dies nun für unsere Ausgangsfrage, heißt es nun also Künstliche Intelligenz oder Technische Intelligenz? Oder vielleicht sogar völlig anders? Am Ende muss dies jeder für sich selbst beantworten. Dabei ist die Antwort vielleicht auch gar nicht so entscheidend, denn schlussendlich geht es vielmehr um das Potenzial, das die Technologie liefern kann, und wie wir unsere Aufgaben, Arbeitsabläufe und Möglichkeiten darauf einstellen.
An dieser Stelle wollen wir uns bei Prof. Thome für diesen besonderen Vortrag bedanken, der im Übrigen zur Entfaltung des technischen Kommunikationspotenzials den Mitarbeitern asynchron zur Verfügung gestellt wurde.